Kürzlich gingen mehrere Nachrichten zum Thema Gesundheit(-spolitik) durch die Presse, die völlig konträre Aussagen beinhalteten und auf ein abgestimmte Lobbyarbeit schließen lassen.
Kostentreiber Krankenkassen
Zu Jahreswechsel trübte sich die Stimmung. Der Spiegel berichtete, dass fast ein Viertel der Kosten im Gesundheitssystem in der Verwaltung versickern. Ein beachtlicher Anteil, wenn man die Gesamtausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung 2010 mit 176 Milliarden Euro beziffern muss. Die Studie wurde von der Unternehmensberatung A. T. Kearney erstellt, die auch darauf hinwiesen, dass in anderen Wirtschaftszweigen die Verwaltungsquote bei gut 6% liegt, also deutlich niedriger.
Der Hauptvorwurf hinsichtlich der Geldverschwendung ging in Richtung der Krankenkassen, denn diese verursachten nicht nur in ihren eigenen Unternehmen Bürokratie, heißt es in der Studie, sondern in der gesamten Branche – zum Beispiel bei Apotheken, Arztpraxen oder Krankenhäusern. Neben den offiziellen angegebenen Verwaltungskosten in Höhe von 9,5 Milliarden Euro kämen deshalb noch weitere 18 Milliarden Euro hinzu, die bisher nirgendwo veranschlagt seien.
Verwaltung wichtiger als Krankenhäuser
Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Der Chef der Barmer Ersatzkassen sieht nicht die Verwaltungen in der Pflicht, sondern schlägt vor über die die Schließung von Krankenhäusern nachzudenken, da die parallele ambulante und stationäre Versorgung zu kostenintensiv sei.
Sieht man die beiden Aussagen im Zusammenhang, dann kann man vor der Chuzpe des BEK-Chefs nur den Hut ziehen. So geht Öffentlichkeitsarbeit. Oder eben manchmal auch nicht. Denn es ergab sich dann schon die Frage, inwieweit bei den Krankenversicherern ihr ureigenste Aufgabe – die finanzielle Abwicklung der medizinischen Versorgung – im Vordergrund steht. Und ob ihnen zum Erhalt eines vergleichsweise angenhmen Status quo Opfer an anderer Stelle nicht doch lieber sind. Natürlich ist die Schlussfolgerung, den Krankenkassen sei ein ineffektive und kostenintensive Verwaltung wichtiger als Krankenhäuser ein wenig platt. Aber naheliegend.
Mehr ambulante Versorgung an Krankenhäusern
So naheliegend, dass sich BEK-Chef Christoph Straub zu iner Korrektur gezwungen sah. Natürlich sei nicht die Schließung der Krankenhäuser die Lösung, sondern die Verbesserung der ambulanten Angebote der Krankenhäuser.
Warum eigentlich?
Wobei sich mir dann die Frage stellt, warum die Krankenhäuser dies tun sollten. Natürlich könnten sie damit ihre Einnahmen erhöhen. Dieses ganze Gewese um die MVZ (Medizinischen Versorgungszentren) an Kliniken wäre jedoch gesamtwirtschaftlich nur dann sinnvoll, wenn diese Strukturen in der Lage wären, die gleichen Leistungen in ähnlicher Kosteneffizienz anzubieten wie es die niedergelassenen Kassenärzte ohnehin bereits tun. Eine Ausweitung der ambulanten Versorgungsangebote durch die Krankenhäuser führt erst recht zu einer Parallelmedizin mit Doppelstrukturen im ambulanten Sektor und mir kann niemand erzählen, dass sich dadurch eine Verbesserung der Kosteneffizienz erreichen lässt.
Straubs Idee ist die Streichung von Bettenkapazitäten. Und um weiter Einkünfte zu generieren, sollen sich die Krankenhäuser mit MVZ im ambulanten Sektor schadlos halten und den niedergelassenen Ärzten die Butter vom Brot nehmen.
Medizynikus hat diees Thema in seinem Blog auch aufgegriffen und sieht ebenfalls Anlass zur Aufweichung der Grenzen zwischen ambulanter und stationärer Versorgung. Aus Sicht eines niedergelassenen Arztes kann ich da nur viel Spaß wünschen, denn die MVZ-Strukturen nutzen wir bereits seit Jahren sehr effektiv und mit sehr geringem Verwaltungsaufwand. Das wird nicht leicht.